Zugänglichkeit – Praktischer Leitfaden: Rheumatoide Arthritis in guten Händen

EINLEITUNG

Die Diagnose einer chronischen Erkrankung wie rheumatoider Arthritis stellt für viele Patient*innen einen Wendepunkt dar und löst häufig Ängste, Zweifel und viele Fragen aus.

Obwohl diese Form von Rheuma potenziell zerstörerisch sein kann, führen Fortschritte in der pharmazeutischen Forschung dazu, dass klassische Gelenkdeformierungen immer seltener auftreten und ein nahezu „normales“ Leben möglich ist.

In dieser Broschüre haben wir versucht, auf wichtige Fragen von Patient*innen mit rheumatoider Arthritis einzugehen. Dabei handelt es sich um konkrete Fragen zur Krankheit selbst, zu ihren Auswirkungen auf den Alltag, zu den verschiedenen Behandlungsoptionen, deren Nebenwirkungen sowie zum beruflichen und familiären Umfeld.

Wir danken den Patient*innen für die fotografische Freigabe ihrer Hände zur Illustration dieser praxisorientierten – wenn auch nicht vollständigen – Broschüre. Unser Dank gilt auch allen Beteiligten, die zur Entstehung dieser Publikation beigetragen haben.

Das Erleben und die Erfahrungen mit der Krankheit, ebenso wie die Fragen und Kritiken der Patientinnen, bilden für Rheumatologinnen und andere Fachkräfte im Bereich entzündlicher Gelenkerkrankungen wesentliche Hinweise für einen erfolgreichen Behandlungsverlauf.

Dr. Nathalie Klemmer
Rheumatologin
Hôpitaux Robert Schuman

Dr. Marco Hirsch
Rheumatologe
Koordinierender Arzt im Netzwerk Immuno-Rheumatologie
Hôpitaux Robert Schuman

DIE ERKRANKUNG

Was ist rheumatoide Arthritis?

Rheumatoide Arthritis ist die häufigste Form der chronisch entzündlichen Rheumatismus-Erkrankungen. Sie ist durch eine Entzündung mehrerer Gelenke gekennzeichnet.

In der Regel sind vor allem Handgelenke, Hände und Füße betroffen.

Der Schmerz ist entzündlich bedingt, tritt meist in Ruhe, in der zweiten Nachthälfte oder am Morgen auf. Häufig kommt eine morgendliche Gelenksteifigkeit hinzu, die länger als 20 Minuten anhält.

Manchmal treten Gelenkschwellungen, eine erhöhte Hauttemperatur oder Rötungen auf.

Sie betrifft etwa 0,5 % der Bevölkerung, ist 3–4‑mal häufiger bei Frauen und beginnt meist zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr. Bei späterem Beginn (nach 60–65 Jahren) ist das Erkrankungsrisiko bei Männern genauso hoch wie bei Frauen.

Welche Auswirkungen hat die Erkrankung?

Durch die Steifigkeit, Schmerzen und Schwellungen kann es zu funktionellen Einschränkungen kommen.

Im Verlauf kann es zu Gelenkdeformierungen durch knöcherne Zerstörung kommen.

In einigen Fällen treten auch außer­gelenkliche Symptome auf, wie rheumatoide Knoten, Lungenbeteiligung oder seltener Organbeteiligung.

Was sind die Ursachen?

Die genauen Ursachen der rheumatoiden Arthritis sind unbekannt. Es handelt sich um eine multifaktorielle Erkrankung mit genetischen, umweltbedingten und neuropsychischen Einflussfaktoren.

Gemäß Zwillingsstudien liegt das genetische Risiko bei maximal etwa 30 %.

Weltweite Studien (GWAS) haben über 150 genetische Risikosequenzen gefunden, die mit rheumatoider Arthritis in Verbindung stehen.

Die Expression dieser genetischen Faktoren wird durch äußere Einflüsse wie Umwelt, Ernährung, Antioxidantien oder Infektionen modifiziert – sogenannte epigenetische Mechanismen. Diese unterscheiden sich individuell. Der menschliche Darm-Mikrobiom umfasst etwa 40 Milliarden Bakterien, Pilze und Viren – seine Zusammensetzung ist praktisch ein individuelles biotisches Profil. Ungleichgewichte im Mikrobiom fördern entzündliche Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn) und womöglich andere Autoimmunerkrankungen wie die rheumatoide Arthritis.

Bestimmte Viren (z. B. CMV = Zytomegalievirus oder EBV = Epstein-Barr-Virus) werden als mögliche Auslöser diskutiert, ohne direkt Ursache zu sein.

Auch erheblicher psychischer Stress wird häufig als Auslöser genannt.

Wie entwickelt sich die rheumatoide Arthritis? Ist sie heilbar?

Derzeit gilt die rheumatoide Arthritis als chronische, nicht heilbare Erkrankung. Es wurden jedoch Kriterien für eine Remission definiert – völliges Erlöschen der Krankheit –, die bei etwa 30–40 % der Patient*innen durch eine dauerhafte Therapie erreicht werden.

Kann die Erkrankung sich verschlechtern? Warum?

Ohne geeignete Basistherapie kommt es zur fortschreitenden Gelenkzerstörung und erheblichem Funktionsverlust im Alltag. Zudem können außerhalb der Gelenke Komplikationen wie Lungenbeteiligung oder Vaskulitiden auftreten. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist erhöht.

Kann man an rheumatoider Arthritis sterben?

Die Sterblichkeit bei rheumatoider Arthritis ist in den letzten Jahrzehnten gesunken, aber immer noch höher als in der Allgemeinbevölkerung.

Außer­gelenkliche Manifestationen – von rheumatoiden Knoten bis hin zur Vaskulitis – tragen wesentlich zur Morbidität und Mortalität bei (49 % 5‑Jahres-Sterblichkeit). Dank neuer Behandlungen, die zunehmend früher zum Einsatz kommen, nimmt die Häufigkeit schwerer Verlaufsformen ab.

Rheumatoide Arthritis erhöht zudem das Risiko für Osteoporose und Knochenbrüche sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen – was eine frühzeitige Erkennung und Behandlung notwendig macht.

Das kardio­vaskuläre Risiko, insbesondere für Atherosklerose, korreliert mit dem Grad der systemischen Entzündung. Daher sind Entzündungskontrolle, regelmäßige Risikoevaluation, Förderung des Rauchstopps sowie der kontrollierte Einsatz von NSAR und Kortikosteroiden entscheidend.

Patient*innen mit rheumatoider Arthritis weisen ein erhöhtes Infektionsrisiko auf, insbesondere für opportunistische oder schwere Infektionen. Die höhere Infektionssterblichkeit beruht sowohl auf immunologischen Veränderungen durch die Erkrankung selbst als auch auf den immunsuppressiven Therapien.

KANN EIN AKUTER SCHUB DER ERKRANKUNG IMMER WIEDERKEHREN?

Eine unzureichend kontrollierte rheumatoide Arthritis kann wiederholt entzündliche Schübe mit variabler Häufigkeit verursachen. In etwa 10–20 % der Fälle schreitet die Erkrankung langsam und wenig auffällig voran. Ziel der Therapie ist es selbstverständlich, diese zerstörerischen Schübe möglichst zu verhindern oder mindestens zu blockieren.

Können Stress oder Angst einen Arthritis-Schub auslösen?

Ja, Stress scheint sowohl als möglicher Auslöser der Erkrankung als auch als Faktor bei der Entstehung entzündlicher Schübe eine Rolle zu spielen.

Grundsätzlich kann jedes Ereignis Stress verursachen – positiv wie negativ (zum Beispiel die Geburt eines Kindes, der Tod des Partners, eine Beförderung oder die vorzeitige Pensionierung aus Krankheitsgründen). Neben solchen bedeutenden Lebensereignissen können auch alltägliche Reizfaktoren – etwa die schlechte Laune eines Kollegen oder das Verlegen der Autoschlüssel – stressauslösend sein. Eine chronische Erkrankung wie rheumatoide Arthritis ist oft eine erhebliche Stressquelle mit Anspannung und dem Gefühl der Erschöpfung. Die Diagnose Arthritis fügt dem normalen Stresslevel viele zusätzliche potenzielle Belastungen hinzu.

Emotionaler Stress wirkt sich körperlich aus, unter anderem durch die Erhöhung bestimmter Hormone. Stress verringert außerdem die Schmerztoleranz, was die Situation bei Arthritis verschärft. Einige Forscher vertreten sogar die Auffassung, dass Stress eine plötzliche „Flut“ entzündlicher Aktivität bewirken kann. So entsteht häufig ein Teufelskreis: Arthritis verursacht Stress, und Stress verschlechtert die Arthritis.

Strategien zur Stressbewältigung können helfen:

  • Für ausreichenden und erholsamen Schlaf sorgen
  • Eine gesunde Ernährung achten
  • Möglichst viel Bewegung einbauen
  • Eine offene Kommunikation mit dem sozialen Umfeld pflegen
  • Eigene Grenzen wahrnehmen und respektieren
  • Schuldgefühle abbauen
  • Tief durchatmen; Meditation und Yoga können besonders entlastend wirken

Kann man schwanger werden?

Das Übertragungsrisiko für rheumatoide Arthritis ist nicht hoch genug, um eine (auch nur relative) Kontraindikation für eine Schwangerschaft darzustellen.

Die eigentlichen Risiken einer Schwangerschaft betreffen die eingesetzten Therapien. Diese müssen individuell abgewogen werden. Einige Medikamente – wie Methotrexat – müssen vor einer geplanten Schwangerschaft abgesetzt werden, da sie teratogen wirken, während andere während der Schwangerschaft weiter verwendet werden können. Die Entscheidung über Fortführung oder Absetzen erfolgt durch die Rheumatolog:innen anhand der Krankheitsaktivität. Häufig wirkt die hormonelle Umstellung während der Schwangerschaft entzündungshemmend, während es im Wochenbett oftmals zu einem Wiederaufflammen der Krankheit kommt.

Ist die Krankheit heilbar?

In den meisten Fällen gelingt es mit Basistherapie, die Krankheitsaktivität so gut zu kontrollieren, dass Patient:innen schmerzfrei und ohne funktionelle Einschränkungen leben können. Ein normales Leben ist heute für viele Betroffene möglich – allerdings meist unter fortdauernder Therapie.

MEDIKAMENTÖSE BEHANDLUNGEN

Welche Therapieoptionen gibt es?

Hauptziele der Behandlung rheumatoider Arthritis sind:

  • Verlangsamung der Erkrankungsprogression
  • Verringerung von Häufigkeit, Dauer und Intensität entzündlicher Schübe
  • Stillstand radiologischer Erosionen und Gelenkzerstörungen

Hierzu werden in der Regel Basispräparate („Disease‑Modifying Antirheumatic Drugs – DMARDs“) eingesetzt, darunter:

  • Konventionelle Basistherapien: Hydroxychloroquin, Methotrexat, Leflunomid, Sulfasalazin
  • Biologische Therapien (Biologika): Infliximab, Etanercept, Adalimumab, Golimumab, Certolizumab, Abatacept, Tocilizumab, Rituximab
  • „Kleine Moleküle“: Tofacitinib, Baricitinib, Filgotinib, Upadacitinib

Zur Symptomlinderung (Schmerz und/oder Entzündung) werden häufig zusätzlich symptomatische Therapien eingesetzt:

  • Analgetika (z. B. Paracetamol allein oder in Kombination) bei akuten Schmerzen
  • Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAID) und Kortikosteroide, um Schmerz und Entzündung zu lindern – Kortikoide stets in niedrigstmöglicher wirksamer Dosierung, um Nebenwirkungen zu minimieren
  • Lokale Infiltrationen, insbesondere bei isolierten, therapieresistenten Gelenkentzündungen
  • Isotopen-Synoviorthese, d. h. Injektion eines lokal wirkenden Radionuklids ins Gelenk
  • Schonung und funktionelle Entlastung während Schüben, ggf. mithilfe von Orthesen – außerhalb von Schüben ist Gelenkbewegung durch regelmäßige körperliche Aktivität oder mittels Physiotherapie/Ergotherapie zu fördern
  • Kältetherapie, z. B. örtliche Eisbeutel zur Reduktion entzündlicher Reaktionen
  • Chirurgische Maßnahmen, wenn erhebliche knöcherne Gelenkschäden vorliegen – Einschaltung einer/m entsprechenden orthopädischen Chirurg:in, ggf. Handchirurg:in

Welche Nebenwirkungen können auftreten?

Alle eingesetzten Medikamente können Nebenwirkungen verursachen, die individuell verschieden sind und nicht bei allen auftreten. Meist sind Nebenwirkungen vorübergehend und lassen im Verlauf nach. Die Therapie muss daher nicht zwingend abgebrochen werden. Rheumatolog:innen überwachen die Verträglichkeit regelmäßig durch Patientenanamnese, klinische Untersuchung, Bluttests und ggf. spezielle Untersuchungen (z. B. Augenuntersuchung bei Plaquenil, Lungenfunktionstests bei Methotrexat).

Was passiert, wenn Infusionen keine Linderung mehr bringen?

Das therapeutische Arsenal umfasst inzwischen Infusionen, subkutane Injektionen und Tabletten – alle mit vergleichbarer Wirksamkeit. Ein Therapieversagen oder eine Unverträglichkeit eines Präparats ist nicht katastrophal, da zahlreiche Alternativen existieren.

Gibt es alternative Behandlungen?

Solange konventionelle Therapieempfehlungen beachtet werden, spricht nichts grundsätzlich gegen ergänzende alternative Methoden. Für die Wirksamkeit in Bezug auf Krankheitsverlauf und Prognose rheumatoider Arthritis gibt es allerdings keine wissenschaftlich belastbaren Belege. Dennoch berichten viele Betroffene von symptomatischem Nutzen und gesteigertem Wohlbefinden durch Hypnose, Akupunktur, überwachte Phytotherapie oder andere Methoden der Komplementärmedizin.

Kann ein akuter Krankheitsschub immer wiederkehren?

Eine unzureichend kontrollierte rheumatoide Arthritis kann wiederholt Entzündungsschübe unterschiedlicher Intensität und Häufigkeit verursachen. In etwa 10 bis 20 % der Fälle verläuft die Krankheit langsam und kaum sichtbar. Das Ziel der Behandlung ist natürlich, diese zerstörerischen Schübe so gut wie möglich zu verhindern oder zumindest zu blockieren.

Können Stress oder Angst einen Arthritis-Schub auslösen?

Ja, Stress scheint sowohl als möglicher Auslöser der Krankheit als auch als Faktor bei der Entstehung von Entzündungsschüben eine Rolle zu spielen.

Grundsätzlich kann jedes Ereignis Stress verursachen – ob positiv oder negativ (zum Beispiel die Geburt eines Kindes, der Tod des Ehepartners, eine Beförderung oder vorzeitiger Ruhestand aus medizinischen Gründen). Neben diesen bedeutenden Ereignissen können auch alltägliche Ärgernisse – wie die schlechte Laune eines Kollegen oder der Verlust des Autoschlüssels – Stress auslösen. Eine chronische Krankheit wie rheumatoide Arthritis ist oft eine bedeutende Stressquelle, verbunden mit Anspannung und Erschöpfungsgefühlen. Die Diagnose Arthritis bringt viele weitere potenziell stressige Situationen zum „normalen“ Stress hinzu.

Emotionaler Stress wirkt sich körperlich aus, unter anderem durch die Erhöhung bestimmter Hormone. Er verringert auch die Schmerztoleranz und verschlimmert so die Situation der Arthritis-Patienten. Einige Forscher vermuten sogar, dass Stress einen plötzlichen „Schub“ entzündlicher Aktivität auslösen kann. Dies führt häufig zu einem Teufelskreis: Arthritis erzeugt Stress, und Stress verschlimmert die Arthritis.

Stressbewältigungsstrategien können helfen:

  • Für ausreichenden und erholsamen Schlaf sorgen
  • Gesunde Ernährung pflegen
  • So viel Bewegung wie möglich machen
  • Offene Kommunikation mit dem Umfeld pflegen
  • Eigene Grenzen kennen und respektieren
  • Schuldgefühle loslassen
  • Tief durchatmen; Meditation und Yoga können besonders hilfreich sein

Kann man schwanger werden?

Das Risiko einer Übertragung der rheumatoiden Arthritis ist nicht hoch genug, um eine (auch nur relative) Schwangerschaftskontraindikation darzustellen.

Die eigentlichen Risiken während der Schwangerschaft beziehen sich auf die verwendeten Medikamente. Diese müssen individuell bewertet werden. Einige Medikamente – wie Methotrexat – müssen vor der Empfängnis abgesetzt werden, da sie teratogen sind, andere können während der Schwangerschaft fortgesetzt werden. Die Entscheidung über ein Absetzen trifft der Rheumatologe anhand der Krankheitsaktivität. Oft haben hormonelle Veränderungen während der Schwangerschaft eine antiinflammatorische Wirkung, jedoch kommt es häufig zu einem erneuten Aufflammen der Erkrankung im Wochenbett.

Ist die Krankheit heilbar?

In den meisten Fällen ermöglicht die Basistherapie eine ausreichende Kontrolle der Entzündungsaktivität, sodass die Patienten schmerzfrei und ohne funktionelle Einschränkungen leben können. Für viele ist heute ein normales Leben möglich, meist unter kontinuierlicher Behandlung.

MEDIKAMENTÖSE BEHANDLUNG

Welche therapeutischen Optionen gibt es?

Die Hauptziele der Behandlung der rheumatoiden Arthritis sind:

  • Das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen
  • Die Häufigkeit, Dauer und Intensität der Entzündungsschübe reduzieren
  • Das Fortschreiten von Erosionen und radiologischen Zerstörungen stoppen

Dazu werden in der Regel Basistherapeutika („Disease-Modifying Antirheumatic Drugs“ – DMARDs) eingesetzt, darunter:

Konventionelle Behandlungen: Hydroxychloroquin, Methotrexat, Leflunomid, Sulfasalazin
Biologika: Infliximab, Etanercept, Adalimumab, Golimumab, Certolizumab, Abatacept, Tocilizumab, Rituximab
„Kleine Moleküle“: Tofacitinib, Baricitinib, Filgotinib, Upadacitinib

Zur Symptomlinderung (Schmerz und/oder Entzündung) werden häufig symptomatische Behandlungen hinzugefügt:

  • Schmerzmittel (z.B. Paracetamol allein oder in Kombination) für akute Schmerzen
  • Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Kortikosteroide zur Linderung von Schmerzen und Entzündung – mit der niedrigsten wirksamen Kortikosteroid-Dosis zur Begrenzung der Nebenwirkungen
  • Lokale Infiltrationen, insbesondere bei isolierten, trotz Basistherapie hartnäckigen Befunden
  • Isotopen-Synoviorthese, intraartikuläre Injektion eines lokal wirksamen Radioisotops
  • Ruhe und funktionelle Entlastung während der Schübe, ggf. mit Orthesen – außerhalb der Schübe Gelenkmobilisation durch regelmäßige körperliche Aktivität oder Physiotherapie/Ergotherapie
  • Lokale Kälteanwendung (z.B. Eispackung) zur Entzündungsreduktion
  • Operation bei ausgeprägten Knochen- und Gelenkzerstörungen, nach Beratung durch einen orthopädischen Chirurgen, manchmal spezialisiert auf Handchirurgie

Welche Nebenwirkungen können auftreten?

Alle eingesetzten Medikamente können je nach Person unterschiedliche Nebenwirkungen verursachen, die aber nicht immer auftreten. Oft sind sie vorübergehend und lassen mit der Zeit nach. Ein Absetzen der Behandlung ist nicht immer erforderlich. Der Rheumatologe überwacht die Verträglichkeit durch Befragung, klinische Untersuchung, Blutanalysen und bei Bedarf weitere Untersuchungen (z.B. Augenuntersuchung bei Plaquenil, Lungenfunktionstests bei Methotrexat).

Was passiert, wenn Infusionen nicht mehr helfen?

Das aktuelle Therapiespektrum umfasst Infusionen, subkutane Injektionen und Tabletten mit ähnlicher Wirksamkeit. Ein Versagen oder eine Unverträglichkeit einer Behandlung ist daher nicht dramatisch, da viele Alternativen existieren.

Gibt es alternative Behandlungen?

Solange die konventionellen Empfehlungen eingehalten werden, steht der Anwendung alternativer Methoden nichts im Weg. Es gibt jedoch keine soliden wissenschaftlichen Belege für ihre Wirksamkeit auf den Verlauf oder die Prognose der rheumatoiden Arthritis. Viele Patienten berichten jedoch von symptomatischen Verbesserungen.

Warum sollte man bei chronisch rheumatischen Erkrankungen einen Sexualtherapeuten konsultieren?

„Das Vergnügen wählen statt des Leidens“
Chronische rheumatische Erkrankungen betreffen in ihren verschiedenen Facetten sowohl den Körper als auch die Psyche. Deshalb sind die Auswirkungen vielfältig, auch auf Beziehungen und Sexualität.

Eine/n Sexualtherapeuten/in zu konsultieren, kann hilfreich und unterstützend sein. So lässt sich ein lösungsorientierter Ansatz verfolgen, um das emotionale und sexuelle Leben trotz der rheumatischen Erkrankung weiterzuführen oder neu zu gestalten, ohne der Krankheit den gesamten Raum zu geben – zugunsten des allgemeinen Wohlbefindens, zu dem auch „Liebe machen“ erheblich beitragen kann.

Braucht man psychologische Begleitung?

Die rheumatoide Arthritis hat einen erheblichen Einfluss auf das Erleben der Betroffenen sowie auf deren soziale und berufliche Beziehungen. In manchen Fällen können negative Gefühle entstehen, die sich zu einer Depression entwickeln können. Die Therapie muss nicht nur Schmerz und funktionelle Einschränkungen berücksichtigen, sondern auch den psychischen und emotionalen Kontext der Patient:innen. Psychologische Unterstützung kann durch ein multidisziplinäres Team angeboten werden und hat das Ziel, die Krankheit besser verständlich zu machen und so die Bewältigung zu erleichtern. Manchmal ist es notwendig, eine/n Psycholog:in aufzusuchen, um ein neues Gleichgewicht zu finden und Prioritäten neu zu setzen.

Optimismus ist ein super Medikament! Mit einer chronischen Erkrankung zu leben, ist nicht immer einfach. Positiv zu bleiben fällt oft schwer. Doch auch wenn man die Diagnose nicht ändern kann, lässt sich die Sicht auf die Situation verändern.

Soziale Unterstützung

Die rheumatoide Arthritis kann die berufliche Aktivität stark beeinträchtigen: Krankschreibungen, Teilzeit, Arbeitsunfähigkeit oder sogar Jobverlust. Es gibt jedoch administrative Wege, die Patient:innen vor finanziellen und sozialen Problemen schützen können.

Jede Gemeinde verfügt über ein Sozialamt mit Sozialarbeiter:innen, die je nach Anliegen beraten, weitervermitteln und begleiten können – insbesondere in Übergangsphasen zwischen verschiedenen beruflichen Situationen.

Patient:innen können diese Schritte mit Unterstützung ihrer Hausärzt:innen und Rheumatolog:innen einleiten.

Der Alltag wird oft durch Therapien und umfassende Betreuung verbessert, aber noch mehr Autonomie lässt sich gewinnen durch Anpassungen der Wohnung oder durch Haushaltshilfen. Diese Anträge können bei der CNS-Pflegeversicherung oder der gemeinnützigen Organisation ARCUS (www.arcus.lu) gestellt werden.

Alltagsunterstützung

  • Pflegeversicherung (unter bestimmten Bedingungen für Hilfe bei den wesentlichen Verrichtungen des täglichen Lebens, Wohnungsanpassungen und Hilfsmittel)
  • ARCUS (Familienhilfen für unter 65-Jährige, mit ärztlichem Attest und Eigenbeteiligung)
  • Verschiedene Hilfe- und Pflegenetzwerke wie Hëllef Doheem, Help, Camille, Home Care, Verbandskecht, Zithamobil, Païperleck (über Pflegeversicherung oder privat)
  • Physikalische Rehabilitationszentren (z. B. Colpach, Mondorf-les-Bains)
  • Notrufsysteme / Essen auf Rädern über die Wohngemeinde
  • Lokale soziale Initiativen (über das Sozialamt der Gemeinde erfragen)
  • Mobilität: Parkausweise, kostenlose Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Adapto+, Flexibus (Informationen bei der Gemeinde)

Websites:

Wann kann man Arbeitsunfähigkeit, Umschulung oder Invalidenrente beantragen?

Wenn die berufliche Tätigkeit aufgrund der Erkrankung nicht mehr möglich ist (Gelenkgefährdung, Kraftmangel, nicht anpassbarer Arbeitsplatz), können Patient:innen im Luxemburgischen rechtliche Lösungen nutzen.

  • Arbeitszeit-Anpassung: Jederzeit möglich, mit Unterstützung des Betriebsarztes, um das Arbeiten trotz Krankheit zu erleichtern (z. B. spätere Arbeitszeit am Morgen).
  • Krankschreibung: Vom Arzt ausgestellt, sichert Einkommensersatz während der vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit. Die Krankenversicherung zahlt Tagegelder.
  • Längere Krankschreibung: Bis zu 78 Wochen innerhalb von 2 Jahren. Kündigungsschutz gilt leider nur in den ersten 6 Monaten der Krankschreibung.
  • Wiedereingliederung: Teilzeitweise Rückkehr zur Arbeit mit ärztlichem Attest und Zustimmung des Arbeitgebers möglich; Antrag bei der CNS für therapeutische Wiedereingliederung.
  • Umschulung: Bei Unvereinbarkeit der Arbeit mit dem Gesundheitszustand interne oder externe Umschulung über den Betriebsarzt möglich.
  • Anerkennung als Schwerbehinderte/r: Fördert Integration und beruflichen Erhalt; Antrag über ADEM.
  • Arbeitsunfähigkeit: Bei lang andauernder oder dauerhafter Berufsunfähigkeit kann ein Antrag bei Betriebsarzt oder Sozialversicherung gestellt werden.
  • Invalidenrente: Nach Erschöpfung der Krankschreibungsansprüche kann eine Rente bei der CNAP beantragt werden.

Ist es möglich, weiterzuarbeiten?

1990 arbeiteten 50% der Patient:innen 3 Jahre nach Diagnose nicht mehr. Heute sind wir bei 95% langfristigem Erhalt der Arbeitsfähigkeit. Anpassungen und Umschulungsmaßnahmen helfen besonders bei körperlich schweren Berufen.

Kann man Arbeitsplatzhilfen erhalten?

Ergonomische Hilfsmittel (Tastatur, Maus, verstellbarer Bürostuhl) verbessern den Komfort. Arbeitgeber können finanzielle Unterstützung für Barrierefreiheit und Arbeitsplatzanpassungen erhalten. Infos beim Betriebsarzt und ITM (Inspektion für Arbeit und Bergbau).

Kann der Arbeitgeber bei häufigen Krankschreibungen kündigen?

Jede Situation ist individuell. Kontakt zum Sozialarbeiter der Gemeinde ist in solchen Fällen ratsam.

Nützliche Links:

Für Fragen: cns@secu.lu

Ernährung

Spielt die Ernährung eine Rolle?
Die Wirkung der Ernährung auf Rheumatoide Arthritis ist umstritten. Einige Patient:innen fragen sich, ob Ernährung die Erkrankung beeinflusst oder Schübe auslöst. Viele probieren verschiedene Diäten, doch klare wissenschaftliche Beweise fehlen.

Sollte man auf die Ernährung achten?

Studien zeigen, dass Fasten zwar kurzfristig Entzündungen reduziert, die Wirkung aber nicht lange anhält und nach normaler Ernährung die Symptome zurückkehren.

Manche Patient:innen reagieren auf bestimmte Lebensmittel (Milchprodukte, Mais, Mehl, Zitrone, Ei, Fleisch) mit Schmerzen. Eliminationsdiäten wurden untersucht und zeigten bei bestimmten Patient:innen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten (z. B. Laktoseintoleranz) Einfluss auf Entzündungswerte.

Eine ausgewogene Ernährung ist empfehlenswert: gesunde, schmackhafte Kost mit pflanzlichen Fetten, saisonalem Obst und Gemüse in vielen Farben (reich an Antioxidantien), ausreichend Wasser und abwechslungsreiche Zubereitung.

Muss man Essgewohnheiten ändern?

Gesunde Ernährung heißt ausgewogen und in angemessenen Mengen essen. Es gibt kein perfektes oder grundsätzlich schädliches Lebensmittel. Die Ernährung basiert auf der Ernährungspyramide, die Lebensmittel zum Priorisieren oder sparsamem Konsum zeigt.

Kann Ernährung Schübe beeinflussen?

Die französische Gesundheitsbehörde (HAS) rät von speziellen Diäten, inklusive Omega-3-reicher Kost, ab, da der Nutzen schwach und uneinheitlich ist und Mangelerscheinungen drohen. Eliminationsdiäten sind nicht empfehlenswert. Wichtig sind geeignete diätetische Maßnahmen zur Korrektur von Mangelzuständen und zur Vorbeugung oder Behandlung von Begleiterkrankungen (Übergewicht, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes), die teilweise durch Kortikosteroid-Therapien ausgelöst werden können.

Die fundamentale Rolle der Patient:innen

An wen kann man sich wenden?

Die APL (Association Polyarthrite Luxembourg) ist eine Patientenvereinigung, die informiert und begleitet, um ein gutes Leben mit der Erkrankung zu ermöglichen. Seit 1999 setzt sie sich für die Interessen der Betroffenen ein und unterstützt sie darin, aktiv an ihrem Behandlungsweg teilzuhaben.

Die APL vereint Menschen mit chronisch-entzündlichen Rheumaformen (rheumatoide Arthritis, Spondyloarthritis, Sjögren-Syndrom…). Von Patient:innen für Patient:innen gegründet, bietet sie praktische Informationen, Unterstützung und vertritt die Interessen der Betroffenen.

Die APL ist aktives Mitglied im Immuno-Rheumatologie-Kompetenznetzwerk RIR www.rir.lu

Kontakte der APL:
Association Polyarthrite Luxembourg asbl
Präsident: Fernand Maurer
1, rue Fany Schumacher, L-3565 Dudelange
Tel: (+352) 691 976 222
Email: polyarthrite@gmail.com

Unsere Rheumatologen:
Dr. Nathalie GUISCHER
Dr. Marco HIRSCH
Dr. Nathalie KLEMMER
Dr. Alain MARGUE
Pr/Dr. Jean SIBILIA
Dr. Rafak TRIKI
Dr. Liz VANDIVINI

Nützliche Informationen:
Für mehr Infos oder spezifische Fragen kontaktieren Sie bitte:

Termine bei Ärzten werden direkt über deren Sekretariat vereinbart.